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ARDS-Richtlinien 2023: Grünes Licht für ECMO

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ARDS-Richtlinien 2023: Grünes Licht für ECMO

Ein starkes Statement für ECMO, ein klares Nein zu ECCO2R. So lauten die aktuellen Empfehlungen der ESICM für den Einsatz extrakorporaler Unterstützungsverfahren für die Behandlung von ARDS bei Erwachsenen. In unserem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Änderungen und die Erkenntnisse, die zu diesen entschiedenen Empfehlungen geführt haben.

Das akute Atemnotsyndrom (ARDS) stellt eine bedeutende Herausforderung für Intensivstationen dar, verantwortlich für etwa 10 % der Aufnahmen und 23 % der Fälle, in denen Patient*innen beatmet werden müssen. Bei schweren Verläufen kann die Sterberate auf bis zu 45 % ansteigen [1].

Angesichts dieser Tatsache hat die Europäische Gesellschaft für Intensivmedizin (ESICM) ihre Leitlinien von 2017 für die Behandlung von ARDS bei Erwachsenen im Juni 2023 aktualisiert [2]. Die Leitlinien schärfen die Definition und Phänotypisierung von ARDS und konzentrieren sich auf nicht-pharmakologische respiratorische Unterstützungsstrategien, einschließlich solcher für ARDS durch COVID-19. Ein wesentlicher Bereich ist der Einsatz der extrakorporalen Lungenunterstützungsverfahren VV-ECMO (veno-venöse extrakorporale Membranoxygenierung sowie ECCO2R (Extracorporeal Carbon Dioxide Removal).

Ja zu ECMO, Nein zu ECCO2R

Während in den alten Leitlinien von 2017 noch zusätzliche Evidenz gefordert wurde, um eine definitive Empfehlung für ECMO zu geben, hat sich nun das Blatt gewendet: Es gibt eine klare Empfehlung für den Einsatz von ECMO bei schwerem ARDS. Patient*innen, die die Eignungskriterien der EOLIA-Studie [3] für VV-ECMO erfüllen, sollten in einem ECMO-Zentrum behandelt werden, das festgelegte Standards erfüllt. Die Behandlungsstrategie sollte der in der EOLIA-Studie angewandten entsprechen. Im Gegensatz dazu wird vom Einsatz von ECCO2R zur Behandlung von ARDS abgeraten. Beide Empfehlungen gelten für ein ARDS unabhängig von einer COVID-19 Ursache.

 

Diese Evidenzen bildeten die Basis

Zwei Randomized Controlled Trials (RCTs), CESAR und EOLIA [3,4], bilden die Grundlage der aktualisierten Empfehlungen. Die Meta-Analyse dieser Studien zeigt eine signifikante Reduktion der 60-Tage-Sterblichkeit durch VV-ECMO im Vergleich zur konventionellen Beatmung, mit einem konsistenten protektiven Effekt über 90 Tage sowie nach 60 Tagen bei den kombinierten Endpunkten Mortalität und Therapieversagen. Obwohl spezifische COVID-19 RCTs fehlen, zeigen Beobachtungsstudien positive Outcomes im kurzfristigen Überleben [5–8].

Spezialisierte ECMO-Zentren spielen eine entscheidende Rolle, indem sie zeigen, dass die 90-Tage-Sterblichkeit bei mit ECMO behandelten COVID-19-Patient*innen ähnlich ist wie bei nicht-COVID ARDS. Obwohl COVID-Patient*innen nicht in den hier zugrunde gelegten RCTs vertreten waren, wird angenommen, dass ECMO bei COVID-19-induziertem ARDS ähnlich positive Ergebnisse erzielt werden.

Die Empfehlungen gegen den Einsatz von ECCO₂R stützen sich ebenfalls auf zwei RCTs. Die Metaanalyse der Xtravent- und REST-Studien [9,10] zeigt, dass ECCO₂R weder die Mortalität reduziert noch die Anzahl der beatmungsfreien Tage signifikant verbessert. Schwerwiegende Nebenwirkungen in der REST-Studie verstärken die Argumente gegen ECCO₂R. Diese Erkenntnisse werden auch auf COVID-19 als zutreffend angesehen, obwohl direkte RCTs fehlen.

Anpassung der Schulungskonzepte an die ESICM-Leitlinien bei Getinge

Die VV-ECMO hat von Beginn an einen zentralen Stellenwert bei Getinge. In Reaktion auf die Empfehlungen der ESICM hat Getinge seine Schulungskonzepte entsprechend angepasst. Sowohl die Online-Kurse als auch die Präsenzschulungen reflektieren nun die aktuellen Leitlinien, um sicherzustellen, dass medizinisches Fachpersonal optimal auf den Einsatz von ECMO gemäß den neuesten Standards vorbereitet ist.

Über ECMO und ECCO2R: Extrakorporale Verfahren bei ARDS

Beide Verfahren, VV-ECMO und ECCO2R, zielen auf die Entlastung der Lunge durch Reduzierung der CO₂-Last ab, um damit das Risiko von ventilator-induzierten Lungenschäden zu verringern.

Die VV-ECMO wird insbesondere bei schwerem ARDS und bei COVID-19-Patient*innen eingesetzt, um den Gasaustausch zu unterstützen oder zu ersetzen. Das Verfahren fungiert als Überbrückungsmaßnahme und verschafft Zeit für die Entwicklung einer patientenspezifischen Behandlungsstrategie. Dabei wird das Blut durch eine „Membranlunge“ geleitet, wo es von CO₂ befreit und zusätzlich mit Sauerstoff angereichert wird – ein wesentlicher Unterschied zu ECCO2R, bei dem keine Oxygenierung stattfindet.

ECCO2R konzentriert sich primär auf die Entfernung von Kohlendioxid aus dem Blut bei Patient*innen mit moderater bis schwerer akuter respiratorischer Insuffizienz. Im Gegensatz zur ECMO erfolgt dies mit deutlich geringeren Blutflussraten, da für die Entfernung von CO₂ weniger Blutfluss benötigt wird als für die Oxygenierung.

 

Quellen

  1. Bellani G, Pham T, Laffey J et al (2016) Incidence of acute respiratory distress syndrome-reply. JAMA 316:347.

  2. Grasselli, G., Calfee, C.S., Camporota, L. et al. ESICM guidelines on acute respiratory distress syndrome: definition, phenotyping and respiratory support strategies. Intensive Care Med 49, 727–759 (2023).

  3. Combes A, Hajage D, Capellier G et al (2018) Extracorporeal membrane oxygenation for severe acute respiratory distress syndrome. N Engl J Med 378:1965–1975.

  4. Peek GJ, Mugford M, Tiruvoipati R et al (2009) Efficacy and economic assessment of conventional ventilatory support versus extracorporeal membrane oxygenation for severe adult respiratory failure (CESAR): a multicentre randomised controlled trial. The Lancet 374:1351–1363.

  5. Shaefi S, Brenner SK, Gupta S et al (2021) Extracorporeal oxygenation in patients with severe respiratory failure from COVID-19. Intensive Care Med 47:208–221.

  6. Whebell S, Zhang J, Lewis R et al (2022) Survival benefit of extracorporeal membrane oxygenation in severe COVID-19: a multi-centrematched cohort study. Intensive Care Med 48:467–478.

  7. Hajage D, Combes A, Guervilly C et al (2022) Extracorporeal membrane oxygenation for severe acute respiratory distress syndrome associated with COVID-19: an emulated target trial analysis. Am J Respir Crit Care Med 206:281–294.

  8. Urner M, Barnett AG, Bassi GL et al (2022) Venovenous extracorporeal membrane oxygenation in patients with acute covid-19 associated respiratory failure: comparative effectiveness study. BMJ 377:e068723.

  9. Bein T, Weber-Carstens S, Goldmann A et al (2013) Lower tidal volume strategy (≈3 ml/kg) combined with extracorporeal CO2 removal versus ‘conventional’ protective ventilation (6 ml/kg) in severe ARDS. Intensive Care Med 39:847–856.

  10. McNamee JJ, Gillies MA, Barrett NA et al (2021) Effect of lower tidal volume ventilation facilitated by extracorporeal carbon dioxide removal vs standard care ventilation on 90-day mortality in patients with acute hypoxemic respiratory failure: the REST randomized clinical trial. JAMA 326:1013–1023.

 

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